Xi Jinping in Frankreich: „Weder ein Freund noch ein Feind“

Chinas Xi Jinping beginnt seine Europareise in Frankreich. Paris geht es um Pekings Haltung zu Russlands Ukraine-Krieg und um ungleichen Handel.

Die Präsidenten Chinas und Frankreichs, Xi Jinping und Emmanuel Macron, beim Händedruck am Montag in Paris

Die Präsidenten Chinas und Frankreichs, Xi Jinping und Emmanuel Macron, am Montag in Paris Foto: Christophe Ena/ap

PARIS taz | Rund ein Jahr nach Emmanuel Macrons Peking-Besuch stattet Chinas Staatschef Xi Jinping Frankreich einen Gegenbesuch ab. Dabei geht es um Handelsfragen, aber auch um den Krieg in der Ukraine. Präsident Macron setzt auf seinen Charme. Am Dienstag stand ein Lunch mit den Ehegattinnen auf dem Programm in dem von der Tour de France bekannten Col du Tourmalet in den Pyrenäen. Dort hatte Macron als Kind die Ferien bei seiner Oma verbracht.

Die diplomatische Anerkennung der Volksrepublik 1964 durch Frankreichs General de Gaulle ist offizieller Anlass der Visite, mutet aber an den Haaren herbeigezogen an. Doch gibt es eine verborgene Bedeutung: China setzt auch 60 Jahre später auf Frankreichs Sonderrolle in Europa wie im westlichen Lager, vor allem wenn es um mehr Distanz zur Nato und zu den USA geht.

Dass Macron gleich nach seinem China-Besuch im April 2023 wünschte, die EU solle sich in der Taiwan-Frage nicht den USA anpassen, wurde in Peking geschätzt.

Dass er heute bei seiner zweiten Europa-Rede in der Sorbonne immer mehr von einer europäischen „Autonomie“ in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik spricht, weckt Pekings Interesse wie alle Schritte, die Europa von Chinas Gegner USA entfernen können.

Experte: China freut jede Kritik Macrons an den USA

„China freut sich über jede Kritik an den USA“ im Kontext des amerikanisch-chinesischen ‚Handelskriegs‘“, meint der China-Experte François Godement vom Institut Montaigne.

Ähnliches sagte der zentrumdemokratische Senator Olivier Cadic der Zeitung Le Monde. Er war 2011 zusammen mit mehr als hundert Parlamentariern Opfer eines chinesischen Hacker­angriffs geworden: Man könne mit den Amerikanern im Wettstreit sein, „aber wir sind im selben System wie sie. Uns (gemeinsam) gegenüber stehen Leute, die uns von innen zerstören wollen.“

Auch das Magazin Nouvel Obs fragt anlässlich von Macrons freundlichem Empfang, ob er beim Versuch, etwas im Dialog bewirken zu können, nicht den selben taktischen „Fehler“ mache wie zuvor mit Wladimir Putin. Den hatte er in der Hoffnung auf eine Annäherung 2019 herzlich in seine Ferienresidenz eingeladen. Auch spätere Telefonate mit dem Kreml-Chef hinderte diesen nicht daran, die Ukraine anzugreifen.

Doch glaubt Macron auch jetzt, sich bei seinem Gast für die Ukraine einsetzen zu können. Dem Economist hatte er am 2. Mai gesagt, es sei „heute nicht im Interesse Chinas, dass Russland die internationale Ordnung destabilisiert“.

Macron wolle darum bei Xi erreichen, dass er „alle ihm zur Verfügung stehenden Hebel ansetzt, um die russische Position zu beeinflussen“. Das hatte Macron schon 2023 in Peking erwähnt. Doch hatte Xi darauf nur einmal unverbindlich Wolodymyr Selenskyj angerufen.

Von Xi ist nicht viel Entgegenkommen zu erwarten

Politisch, strategisch und ökonomisch profitiert China sehr von Russlands Krieg gegen die Ukraine wie von den westlichen Sanktionen gegen Moskau, nicht zuletzt von der Lieferung von günstigem russischem Erdöl. Das erlaubt Russland, westlichen Sanktionen zu trotzen.

China hat auch weiter nicht die Absicht, an der für Mitte Juni in der Schweiz geplanten Friedenskonferenz teilzunehmen, zu der Russland nicht eingeladen wurde. Hingegen wird Putin demnächst wieder in China erwartet.

Auch in Handelsfragen und namentlich der Klage über unlauteren Wettbewerb durch subventionierte chinesische Exporte, die bei einer ersten Gesprächsrunde am Vormittag im Beisein von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur Sprache kamen, war nicht viel Entgegenkommen zu erwarten.

Bei Menschenrechte setzt Macron auf „stille Diplomatie“

Auf eine Untersuchung der EU zur Konkurrenz durch chinesische Elektromobile, die Europas Markt zu überschwemmen drohen, reagierte Peking mit Strafzöllen wie etwa französische Cognac-Exporte.

Auf die Frage, ob er mit Xi über Menschenrechte, Tibet oder die Uiguren reden werde, antwortete Macron in einem Interview: „Das sind Themen, die hinter verschlossenen Türen angeschnitten werden.“

Sein Freund und Ex-Außenminister Jean-Yves Le Drian hatte ihm eingeschärft: Xi Jinping ist „nicht unser Freund, aber auch nicht unser Feind“. Dass Xi anschließend zu den chinafreundlichen Regierungen von Serbien und Ungarn reist, ist kein Zufall.

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